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Von Bergen, Bremsen und Blut Transalp 2012
Übersicht:
1. Vorbereitung 2. Schlegeisspeicher – Kaltenbach/Zillertal
3. Kaltenbach – Stein im Pfitschtal 4. Stein – Kiens/Ehrenburg 5. Kiens - Colfosco
6. Colfosco - Karersee 7. Karersee – Salurn/Etschtal 8. Salurn – Riva del Garda 9. Riva – Ledrosee - Riva Fazit
Vorbereitung
Nach der 2011er Alpentour (diese muss auch noch beschrieben werden) übers Plumsjoch, Achensee, Tuxer Joch,
Brennergrenzkammstraße, Gampenpass und Molvenosee zum Gardasee, erschienen in den Köpfen unseres Guides und einiger Mitfahrer ein paar Visionen von grandiosen Panoramen und Bergmassiven:
die Dolomiten.
Diese Bilder, beeinflusst von diversen Reiseberichten in einschlägigen Magazinen und Reiseprospekten, ließen bei der Tourenplanung für
2012 gar keine andere Wahl. In diesem Jahre musste die Tour durch Dolomiten gehen. Namen diverser Jochs, wie Pfitscher, Pfunderer,
Grödner oder Sella ließen an tolle Touren denken, dass es in den Dolomiten meistens etwas steiler zugeht als in anderen Alpenregionen,
wurde wegen der zu erwartenden Ausblicke schnell verdrängt. Unser Führer begann sofort mit der Planung und machte uns mit immer neuen Details über die zu erwartenden Highlights immer heißer. Im
Endeffekt haben sich 13 Biker entschieden diese Tour zu wagen. Neben den üblichen Verdächtigen war auch die Hessenfraktion (siehe Transalp 2008) wieder am Start, drei Alpenneulinge wollten sich
diese Tour, manche sagen auch Tortour dazu, antun. Einmal H.W., der Schwager von Oberschrauber P.K., dann Ch.A. vom Rentrisch,
beide sollten im Laufe der Tour noch eine tragende Rolle spielen. Der Dritte im Bunde war Günni M. den unser Guide von Alpenverein her kennt.
Diese große Zahl von Bikern verursachte aber zuerst einmal logistische Probleme. Es musste ein zweiter Bus für den Gepäcktransport her,
denn die Lösung von 2008 mit teilweiser PKW-Anreise zum Startpunkt und anschließendem Shuttleservice vom Gardasee zurück kommt
im Endeffekt auch nicht billiger und ist für die Shuttlefahrer ziemlich stressig, wegen abends genießen und morgens um fünf oder so schon
wieder auf der Matte stehen müssen. Also galt es auch noch einen zweiten Busfahrer zu finden, bzw. zu überreden. Neben A.F., der uns
schon 2011 kutschiert hatte, wollte schließlich Albär diesen Job übernehmen.
Die Strecke lag im Großen und Ganzen fest, nun mussten in den geplanten Etappenzielen nur noch Zimmer für 15 Personen gefunden und
gebucht werden. Etwas erschwert wurde die Zimmersuche durch die Tatsache, dass die Tour vom 4. – 12. August, also mitten in der
italienischen Ferienhauptsaison statt finden sollte. Allen Schwierigkeiten zum Trotz hat jedoch alles geklappt.
H.M. und D.Th. wollten die Busse ordern, wie immer lange Langachser. Geliefert wurden ein kurzer Langachser, wie schon öfters, und ein
langer mit 4 Sitzreihen für 9 Personen, sehr bequem, aber dafür mit einem extrem kurzen Gepäckabteil. Zum Ausgleich war dieses Vehikel
dann sehr hoch, knapp unter 4 Meter. Die Höhe nutzte uns aber nix, denn wir wollten keine Schränke sondern Gepäck und Bikes transportieren. Unsere Oberstauer haben das Problem aber im Handumdrehen gelöst, die vierte Sitzreihe ist ruckzuck
ausgebaut. In diesem Bus fahren halt nur 6 Personen, dafür aber viele Taschen und Räder mit. Im kurzen Langachser sitzen dafür 9 Leute, aber nur wenige Taschen und Bikes.
Das Laden der beiden Busse läuft mit der durch jahrelange Erfahrung erworbenen Routine zügig ab.
Die Oberstauer lassen sich durch die ebenfalls routinierten, jahrelang erprobten Kommentare der übrigen Mitfahrer nicht aus der Ruhe bringen.
Für etwas Unruhe sorgt das Bike von Neuling H.W., der Schwager von Oberstauer und Schrauber P
.K., das beim Verladen auf einmal mit seinen Bremshebeln winkt. Dieses japanische Produkt fixiert die Stößel, die auf die Bremskolben drücken mit einem Seegerring. Die Nut, die den Ring festhalten soll
streikt und entlässt den Ring bei der kleinsten Aufwärtsbewegung in die Freiheit. Ch.A. vom Rentrisch
fummelt ihn mit einer entsprechenden Zange und einem kleinen Schraubendreher wieder an seine
angestammte Position. Dieses Werkzeugset wird sofort im Rucksack vom Reparierer verstaut, zumal die Aussage von Bremsenbesitzer H.W. erwarten lässt, dass dieses Herausspringen des
Sicherungsringes kein Einzelfall bleiben wird. Dies sei nicht das erste Mal gewesen, das Bike sei wegen
dieses Verhaltens schon zur Reparatur beim Bikehändler gewesen. Nach einer Stunde ist alles verstaut
, noch etwas isotonische Getränke, ein paar Geschichten und Ausblicke auf zu erwartende Tourhighlights, dann ab ins Bett, denn die folgende Nacht wird kurz werden.
04.08.12 Schlegeisspeicher – Kaltenbach/Zillertal (56 km, 530 m auf,
670 m ab, 3:06 h)
Nach einer kurzen Nacht geht es morgens um 5 Uhr los Richtung Sylvensteinstausee. Unser Langbusfahrer Albär sammelt seine 5 Mitfahrer
ein und kutschiert durch Pfalz Richtung Bayern. Unser Kurzbusfahrer A.F. sammelt in Landau noch die Hessenfraktion ein und gondelt,
dann ebenfalls Richtung Bayern. Im Stuttgarter Raum finden die beiden Busse zueinander und gemeinsam geht es bei heiterem Wetter und flüssigem Verkehr Richtung München. Dort geht es ein wenig zäher voran, gegen 11:30 sind wir am Sylvensteinstausee. Die Räder ausladen,
zusammenbauen, checken, Helme auf, Radschuhe an usw. gehört schon zur durch jahrelange Erfahrung
erworbenen Routine, ebenso wie die obligatorische, routinemäßige Begrüßungs- und Einstimmungsrede unseres Guides zum Start des Alpencross 2012
Unsere Busfahrer haben derweil ein kleines Problem, die direkte Route über die Staumauer zum
Achensee und zum Zillertal war wegen Bauarbeiten für Fahrzeuge über 3 m gesperrt. Das bedeutet halt einen kleinen Umweg und etwas mehr Spritkosten.
Unsere Biker haben nehmen den direkten Weg. Teilweise über die Straße, dann Forstwege geht’s zum Achensee, dort am Seeufer
vorbei mit ersten eindrücklichen Ausblicken, bei mittlerweile Superwetter mit Temperaturen um die 30°.
Nach dem Achensee folgen wir einem Wanderweg hinunter ins Inntal nach Wiesing. Danach geht es locker flach bergauf ins Zillertal bis zum Gasthof Alpenhof in Kaltenbach im Zillertal. Alles in allem eine lockere Samstagnachmittagseinrolltour für die folgenden Alpenetappen.
Auf der überdachten Terrasse des Gasthofes Alpenhof gilt es zuerst einmal eine Runde Zillertaler Weißbier zu Ehren von St.W.
zu probieren und auch zu leeren. St. wäre gern dabei gewesen, leider ging es nicht, trotzdem Prost! Die Geschmacksprobe führt zu dem freudigen, einstimmigen Ergebnis, dass noch einmal
probiert werden soll. Just in diesem Moment erscheint C.M. mit seiner lieben Frau in unserer Runde. Beide machen in dieser Woche Urlaub in Fügen im Zillertal. Diese Ankunft bedingt eine
weitere Probierrunde. So langsam beginnt sich nun der Himmel zu verdunkeln, Richtung Pfitscher Joch stehen ziemlich schwarze Wolken über den Bergen. C. macht einen Sturztrunk und sich mit
seiner Frau auf, um noch trocken seine Unterkunft in etwa 10 km Entfernung zu erreichen. Dies war, wie sich bald herausstellen sollte, ein Fehler, kaum ist er unterwegs
beginnt es unvermittelt ziemlich heftig zu schütten. Wir sitzen trocken unterm Dach und genießen
langsam unsere Probierrunde und lauschen dem recht lauten Prasseln des Regens. Nach etwa einer
halben Stunde verziehen sich die Wolken, die Sonne kommt wieder und zaubert einen Regenbogen an den Himmel.
Der Abend klingt nach dem Essen mit der Vorfreude auf die morgige, erste richtige Alpenetappe über das Pfitscher Joch aus.
05.08.12 Kaltenbach – Stein im Pfitschtal (59,9 km, 1735 m auf, 770 m ab, 5:59 h)
Am Sonntagmorgen starten wir nach der routinemäßigen Einstimmungsrede bei sonnigem Wetter ins
Zillertal hinein. Mit dabei ist Gastfahrer C.M., diesmal ohne seine liebe Frau, der uns bis zum Pfitscher
Joch begleiten will. Die ersten 20 km Richtung Mayrhofen verlaufen richtig flach, keine Höhenmeter
und das in den Alpen. Danach wird’s heftiger, es ist sauwarm, über 30°, steil asphaltig, das heizt die
Luft noch stärker auf. Der Autor hat, wie bei jeder Alpentour am zweiten Tag müde Beine und zockelt
deshalb den anderen hinterher. Grund war eine etwas zu geringe Frühstücksaufnahmeleistung. An der Tunnelumfahrung vorm Schlegeisspeicher übernimmt D.Th. den Rucksack des Autors und hängt sich
diesen vor den Bauch, den Rucksack natürlich, nicht den Autor. Nach ca. 1200 Höhenmetern am
Schlegeisspeicher gilt es für den Autor zuerst einmal zu futtern was das Zeug hält, diverse Riegel,
Snacks, Getränke usw. werden rein geschoben. Danach geht es für den Rest des Tages seinen Beinen bedeutend besser.
Das Handy unseres Führers meldet sich, die Busfahrer sind dran und überraschen uns mit der Meldung, dass sie das gebuchte Quartier in
Stein wegen diverser Murenabgänge, welche die Straße verschüttet hatten, nicht erreichen konnten. Sie werden beauftragt eventuell benötigte Ausweichquartiere zu besorgen.
Die Truppe macht sich auf nach den bisherigen, überwiegend Asphaltkilometern den Anstieg zum Pfitscher Joch in Angriff zu nehmen. Über Schotter geht es zuerst gemächlich, später steiler hoch zum
Ende des Zillertales. Der Weg geht schließlich in einen teilweise ziemlich verblockten Weg über. Je
nach Können ist mehr oder weniger fahren oder schieben angesagt. Auf dem Weg herrscht ziemlich Betrieb, Wanderer kommen uns entgegen, Radfahrer haben die gleiche Richtung wie wir oder wollen bergab. Wir lernen die unterschiedlichsten Naturelle kennen.
Wanderer sind freundlich oder weichen auf ihrem Bergabweg an kniffligen Stellen keinen Millimeter, wohl auch weil sie bei geschätzten Körpergewichten von bis zu 150 kg auf Grund der
Schwerkraft auf ihrer Bergabtour keine Kurve gehen können. Auch Bergaufbiker können genervt sein,
wenn sie vor ihren, sie begleitenden weiblichen Wesen stark erscheinen wollen, aber durch den
Transport von zwei Bikes an diversen Stellen eigentlich auch schon platt sind. Kann man aber nicht zugeben. Wir nehmen es gelassen, immer einen freundlichen Gruß auf den
Lippen, wobei nicht jeder erwidert wird, ziehen wir weiter bergauf. Auf diesem Teilstück ist G.J. nicht mehr gut drauf, eine Erkältung setzt ihm ziemlich zu. Er wird immer
langsamer, öfters macht er eine Pause. Der Autor dieser Zeilen lässt sich zurückfallen um ihn zu begleiten. Endlich ist es geschafft, das Pfitscher Jochhaus ist erreicht. Die diversen Telefonkonferenzen wegen der Murenabgänge haben
ergeben, dass die Biker in der gebuchten Unterkunft Gasthof Stein in Stein übernachten und unsere Busfahrer weiter unten im Tal in Wiesen kurz vor Sterzing. Der halbstündige Regenschauer, den
wir am Tag zuvor in Kaltenbach erlebt hatten, war nur ein harmloser Randausläufer des Unwetters auf der italienischen Seite im Pfitscher Tal, welches einige riesige Muren ausgelöst hatte. Vom Pfitscher Jochhaus geht es ca. 700 hm nach unten bis zum Domizil. Auf der Abfahrt treffen wir auf eine Gruppe Bikerinnen,
deren Führer versucht einen Plattfuß zu reparieren. Mangels eines Reifenhebers will der Reifen partou nicht von der Felge. D.Th. hilft großzügiger Weise mit seinem Paar
aus und überlässt es der Gruppe als Souvenier. So viel zur professionellen Vorbereitung auf eine Alpenüberquerung mit dem Bike. In der Nähe unserer Bleibe warten ein paar Biker auf ihre
Pannenfrauen, wahrscheinlich haben sie die Reifenheber im Gepäck, haben aber im Abfahrtsrausch nix von der Panne mit bekommen. Beim Ankommensbier auf der Terrasse bleibt unserem gräflichen
Biker zuerst einmal der Mund offen stehen. Seine routinemäßige Frage an die Tochter des Hauses,
gewandet in eine dekolteebetonte Dirndelbluse und wadenlange, stramm sitzende Lederhosen, ob sie
noch zu heiraten sei, wurde nämlich zu seiner und unser aller Überraschung nicht direkt verneint. Die
Aussage, dass dieses Unterfangen noch eine Überlegung wert sei sperrte seinen Mund auf. Geistesgegenwärtig nutzte er diese offene Stelle seinen Kübel hinein zu gießen und noch eine neue
Bestellung zu ordern, welcher sich die Übrigen sofort anschlossen. Da auf Grund der Naturkatastrophe, von der wir bisher eigentlich
noch nichts mitbekommen hatten, unsere Komfortklamotten unerreichbar in den Bussen im Tal lagerten, galt es nun für die folgende Nacht zu improvisieren. Die
Wirtin hilft mit Duschgel aus, Wechselklamotten aus dem Rucksack müssen her. Je nach Logistik der
einzelnen Biker ergibt sich beim Essen ein ziemlich buntes Bild. Es gibt sogar das Gerücht, dass vereinzelte Biker nur mit Armlingen und Beinlingen geschlafen haben sollen. Das gute Essen, die
heiratsfähige Wirtin und diverse Getränke, hier vor allem Rotwein (Italien lässt grüßen) und Wasser lassen das tröpfelnde warme Wasser in der Dusche schnell vergessen und sorgen für einen
gesunden Schlaf.
06.08.12 Stein – Kiens/Ehrenburg (69 km, 505 m auf, 1185 m ab, 3:37 h)
Auf Grund der Murenabgänge war der geplante Weg über das
Pfunderer Joch nicht machbar. Die Tour musste umgelegt werden. Das Pfunderer Joch sollte nun durch die Täler umfahren werden. Vor der Abfahrt wurde das Etappenstartfoto diesmal von zwei
weiblichen Wesen, die ebenfalls im Gasthof Stein wohnten, geschossen. Der Autor dieser Zeilen hatte die Ehre mit diesen beiden Damen auf einem extra Foto verewigt zu werden.
Endlich konnten wir starten, wir fahren bei bedecktem Himmel das Pfitschertal hinunter Richtung Sterzing. Die Straße ist mittlerweile
einigermaßen von den Muren frei geräumt. Überall sind aber noch Bagger und Radlader im Einsatz. Schwer beeindruckt sind wir dabei von
der noch zu erahnenden Wucht dieser Naturgewalten, von denen wir in den Tagen zuvor glücklicher Weise nichts mit bekommen hatten.
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In Wiesen treffen wir uns mit den Busfahrern, nach einer kurzen Rast rollen wir weiter locker talabwärts
. Die Wolken verziehen sich, strahlender Sonnenschein begleitet uns auf unserem weiteren Weg. Bei Sterzing biegen wir links ab ins Eisacktal, welchem wir auf dem Radweg folgen. An der Franzenfeste gibt es einen kurzen Fotostopp, dann geht es locker weiter ins Pustertal hinein bis zu unserer Unterkunft, dem Hotel Obermair in Kiens/Ehrenburg. Von dieser zugegebener Maßen sehr lockeren Tour, die uns
nach der Pfitscher Jochüberquerung nicht unbedingt schadete, gibt es außer dem Mittagessen in Mühlbach eigentlich nichts Außergewöhnliches zu berichten. Die
Pizza und Pasta waren gut, reichlich, die Getränke schön kühl. Vielleicht noch, dass wir schon am frühen Nachmittag bei
herrlichem Wetter auf der Terrasse sitzen und dabei sind den Flüssigkeitshaushalt wieder auszugleichen.
C.A. kümmert sich in dieser Zeit liebevoll um einige Bikes, deren Bremsen bei dieser lockeren Tour
eigentlich unterbeschäftigt waren und nun mit diversen, mehr oder weniger dezenten bis nervenden Schleif- und Quietschgeräuschen klarstellten, dass sie auch noch mit von der Partie sind. Etwas weniger gut drauf war die Chefin des Hauses, die ziemlich nervös, hektisch und etwas griesgrämig daher kam.
07.08.12 Kiens - Colfosco (73 km, 2950 m auf, 2120 m ab, 8:16 h)
Der Tag beginnt mit dem routinemäßigen Einstimmen auf die zu erwartenden Höhepunkte der heutigen
Etappe durch unseren Chef, nebst Routineabfahrtsfoto. Das Wetter scheint aus einem Reiseprospekt zu
stammen, strahlend blauer Himmel begleitet uns auf unserer Tour. Wir folgen zuerst dem Radweg durch das Pustertal Richtung Bruneck. Bei Reichach verlassen wir das Tal und beginnen mit dem Aufstieg zum Kronplatz. Von knapp 800 m geht es über einen breiten
Schotterweg hinauf auf rund 2270 m. Der Weg ist gut fahrbar, wobei es an manchen Stellen so steil ist, dass es egal ist ob man kurbelt oder schiebt, da man zwischen den beiden
Fortbewegungsmethoden keinen messbaren Geschwindigkeitsunterschied ausmachen kann. An diesem Morgen ist J.M. nicht gut drauf, er hat zu wenig
gefrühstückt und unterwegs auch etwas wenig getrunken. Er muss sich ungewohnter Weise den Berg hoch quälen, erreicht aber
schließlich dennoch den Gipfel. Dort wähnen wir uns urplötzlich in einer anderen Welt. Nach der einsamen Auffahrt stehen wir mitten
in einem Touristengetümmel. Von allen Seiten führen Seilbahnen hoch zu Gipfel, von den Restaurantterrassen, die mit malerisch auf Liegestühlen dahin drapierten Sonnenanbetern gefüllt sind, schallt
Musik quer über den Platz. Eine kurze Rast, ein paar Riegel, J.M. geht es von nun an für den Rest des Tages wieder besser, schon
geht es bergab ins Tal. Teilweise ist es so steil, dass die Bremsscheiben blau anlaufen, einige Modelle beginnen ziemlich
heftig zu Quietschen so bald sie richtig heiß sind. Aber alle Modelle halten durch, abgerissene Ventile, wie bei der Felgenbremsenfraktion der 2008er Tour gab es in diesem Jahr jedoch nicht. Nach 1000 vernichtenden Höhenmetern treffen wir in St. Vigil auf unsere Busfahrer, die ein Picknick
mit Wurst, Käse, Gurken und Bananen vorbereitet haben. Danach heißt es noch Wasser tanken und den nächsten Anstieg in Angriff zu nehmen. Es geht wieder hoch
auf ca. 1580 m, runter auf 1100 m und wieder hoch auf 1550 m. Teilweise ist schieben für alle
angesagt, einige fühlen sich an den Aufstieg zum Passo Croze Domini aus dem Jahre 2008 erinnert. Schließlich ist auch dieser Anstieg geschafft. Bei der folgenden Abfahrt zeigt uns H.W., Alpenneuling und
Schwager von Oberschrauber P.K. eine noch nie gesehene Stuntnummer. Er legt sich nach einer leichten Kurve vor einer Regenrinne spektakulär auf den feinen Kies ab. Irgendwie gelingt
es ihm seinen Lenker quer zu stellen und sich vorne zu verbremsen. Seine Bremsen beweisen, dass sie trotz Hebelproblemen ordentlich zupacken können. Das Vorderrad bleibt unvermittelt stehen, das Bike bockt und wirft ihn über den Lenker ab, dabei stößt er schon in der
Luft, noch vor der Landung einen spitzen Schrei aus. Er landet mit seiner linken Seite auf dem Boden, nach dem ersten Schock seiner Begleiter aus dem hinteren
Fahrerfeld stellt sich heraus, dass nix gebrochen ist. Es gilt nur ein paar Schürfwunden an Ellenbogen
und Bein zu versorgen. Mit einem Verbandstuch, spendiert von M.W. und etwas Gewebeband sind die
undichten Stellen schnell abgedichtet. Seit diesem Moment wurde er nur noch Bluhu genannt, ein Wort
das aus der roten Flüssigkeit der undichten Stellen und den beiden Anfangsbuchstaben seines Vornamen gebildet wurde.
Bei der Untersuchung seines fahrbaren Untersatzes stellt sich heraus, dass auch dort so weit alles in Ordnung ist. Nur die Sicherungsringe der beiden Bremshebel sind wieder aus ihren Nuten gesprungen,
so dass die beiden Hebel ziemlich lose umher hängen. Ch.A. hat mit dem vorsorglich mit geführten
Werkzeug, das Ganze dann wieder gerichtet. In etwas gemäßigterer Gangart rollen wir dann weiter bergab. Nach der Schotterabfahrt geht es über Asphalt mal rauf, mal runter über Alta Badia und Corvara nach Colfosco ins Quartier der Pension Vittoria. Es ist spät geworden, wir treffen erst um
20:06 Uhr ein. Was aber keinen verwunderte, denn wie M.M. richtig fest stellte fahren wir dienstags sowieso immer bis um acht. Unsere Fahrer haben sich schon ums Gepäck gekümmert und
Begrüßungsbier bestellt. Die Duschen sind ebenso gut wie das Essen, nebst Getränken. Nach dem Aufarbeiten der diversen Tageshighlights geht es zur wohlverdienten Nachtruhe.
08.08.12 Colfosco - Karersee (54,7 km, 1465 m auf, 1620 m ab, 4:54 h)
Der heutige Tag beginnt mit Traumwetter und den Berichten über die nächtlichen Erlebnisse mancher
Schlafpaarungen. Es wird von Stöhnen, Schnappatmung und sonstigen Geräuschen erzählt. Allerdings
weiß immer nur einer aus diesen Paarungen davon zu erzählen, sein Gegenpart weiß, wie in solchen Fällen üblich, wieder mal von nix. Unser Guide stimmt uns mit seiner Ansprache auf die heutige Dolomitenetappe mit ihren zu erwartenden prospektverdächtigen
Panoramen ein, wir starten voller Vorfreude. Frohgemut rollen wir ca. einen Kilometer flach ein, bevor es dann für 7 km hinauf zum Grödner Joch (rund 2120 m) geht. Wir folgen der Straße, sie ist
mäßig steil und gut zu fahren, jedoch herrscht auf Grund des schönen Wetters und der italienischen
Ferienzeit ein ziemlich reger Verkehr. Jede Menge Autos, Wohnmobile, Motorräder, auch ein paar
Rennradfahrer und ein paar vereinzelte Mountainbikefahrer sind ebenfalls auf dem Weg nach oben. Am
Pass ist alles voll von Touristen, auch wir machen kurz halt und schießen ein paar Fotos von den eindrücklichen Panoramen. Genau diese Ausblicke haben die Planung zu dieser Tour beeinflusst.
Wir können uns schließlich loseisen und folgen einem schönen Trail ins Tal. Unten treffen wir wieder auf die Straße und folgen ihr hinauf zum Sella Joch (2240 m).
Auch hier die gleichen Verhältnisse wie zuvor, moderate Steigung, viel Verkehr. Hier oben erwarten uns unsere Busfahrer wieder mit
einem Picknick. Auch hier werden wieder Bilder geschossen, wir bewundern noch ein paar Kletterer, die in einer senkrechten Wand hängen. Die Ausblicke sind so toll,
dass unser Hessenbiker M.W. ganz vergisst einen Weg unten um die Berge herum zu reklamieren. Er fährt ganz anders, als noch 2008, freudig und locker jede Steigung ohne zu murren hoch.
Auch hier heißt es sich wieder von dem Panorama zu verabschieden, es geht relativ gemütlich bergab
ins Fassatal nach Canazei. Ein beeindruckender Ort, mit einigen toll bemalten Häusern. Wir folgen einem wunderschönen Radweg durch den Wald entlang eines Baches bis zum Anstieg hoch zum Karerpass (1745 m). Von dort aus sind es nur noch rund 4 km bis zu unserem heutigen Ziel, dem Gasthof Meierei, ebenfalls ein gut gewähltes Haus. Von der Terrasse bot sich ein genialer Blick auf die beeindruckende Wand des Latemars. Hier zu sitzen, ein kühles Getränk im Glas, die
Höhepunkte der heutigen Tour noch einmal Revue passieren zu lassen, Bikerherz was willst du eigentlich noch mehr? Das breite Grinsen wollte gar nicht mehr aus den
Gesichtern weichen. Bedienung, Essen und Getränke standen dem Panorama in nichts nach.
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09.08.12 Karersee – Salurn/Etschtal (71,1 km, 1850 m auf, 3200 m ab, 6:50 h)
Wir starten nach der Morgenroutine bei leicht bewölkten Himmel. Zuerst geht es von der Meierei
wieder ein Stück der gestrigen Etappe zurück auf die Hauptstraße. Die Abfahrt, die am Abend zuvor
noch ein breites Grinsen auf die Gesichter gezaubert hatte, entpuppte sich an diesem Morgen nach dem
Frühstück als übler Gegenhang. Aber auch dieser wird geschafft und wir rollen zuerst einmal locker bergab über die Straße bis zur Auffahrt zum Reiterjoch. Es geht nun so für rund 7 km gemütlich bergauf
bis auf 2000 m. Nach einer kurzen Rast führt der Weg ziemlich steil bergab. Er besteht aus lockerem,
weichen, rutschigem Schotter, wir fahren sicherer daneben über das Gras, nur die quer verlaufenden
Gräben, die das Regenwasser bändigen sollen, zwingen uns immer wieder auf das rutschige Geläuf.
Die nachfolgende Asphaltabfahrt, die auch schon Teil des Giro d´Italia war, erscheint als die reinste Erholung. Ein paar Schotteranstiege führen uns über hinüber zum Val di Fiemme, wo wir ein Mittagessen mit Nudeln, Wasser und
Dosencola verspeisen. Danach folgt der eigentliche Höhepunkt des Tages, der Aufstieg und die Überquerung des Trudner Hornes, nebst Abfahrt ins Etschtal. Von rund 900 m geht es über einen
Forstweg hoch zum Horn auf so ca. 1735 m. Der Autor dieser Zeilen hat an diesem Tag gute Beine, er
verlässt seinen Platz in den hinteren Reihen und taucht im Vorderfeld auf. J.M. aus dem Taunus ist ob
dieser Tatsache ziemlich verwirrt, er zweifelt schon an seiner Kondition. Unser Guide ist ebenfalls
verwirrt, der Anblick des Autors signalisiert ihm normaler Weise, dass die Truppe komplett aufgeschlossen hat und es weitergehen kann. Der permanente Autorenanblick verführt ihn dazu das
Tempo hoch zu halten, was dazu führt, dass sich die Gruppe ziemlich in die Länge zieht. Beim Halt an
der Abzweigung des Zisssattels dauert es deshalb einige Zeit bis die Truppe wieder zusammen ist.
Nach kurzer Rast erfolgt das Aufbruchssignal für den restlichen Anstieg, jetzt teilweise etwas steiler, was den einen oder anderen wieder
schieben lässt. Da ereilt unseren Guide das Pech in Form eines Plattfusses. H.M. und Ch.A. helfen ihm bei der Reparatur. Im Nachhinein
erfährt man, dass der neue Schlauch dreimal aufgepumpt werden musste, da die stylische Monsterpumpe unseres Guides die unangenehme
Eigenschaft hat, nach dem Aufpumpen, beim Abdrehen des Pumpenschlauches, den Ventileinsatz französischer Fahrradventile gleich wieder
mit heraus zu drehen, wobei naturgemäß die eingesperrte Luft den Fahrradschlauch ziemlich schnell und zischend verlässt.
Da aller guten Dinge, wie man weiß, immer drei sind, musste also dreimal gepumpt werden. Dabei gilt ebenfalls die alte Weisheit: „Gut Ding
will Weile haben!“. Die übrige Truppe wollte nicht verweilen und zieht mehr oder weniger schnell unter der Führung eines neuen, gräflichen
Guides von dannen. Dieser lässt sich dabei, durch jahrelange routinemäßige Erfahrung inspiriert, von den Hinweisschildern zur Trudener
Horn Alm leiten. Die Erfahrung lehrte ihn auch, sich um unseren angestammten Guide und seine beiden treuen Helfer keine Sorgen zu
machen. Sie würden auf Grund ihres Tempos und Orientierungssinnes bald wieder Anschluss ans Hauptfeld finden. Was unser adliger Guide
nicht wusste, war dass die geplante Routenführung an dieser Alm vorbeiführen sollte, somit verpasst er den richtigen Abzweig rechts um den
Berg herum. Die nachkommenden Hilfsguides, Oberschrauber P.K. und der Autor dieser Zeilen, welche noch etwas länger bei den
Reparateuren verweilt hatten und auch Sturzbruder Bluhu, der so um die Mittagszeit auf einem ebenen
Schotterweg ein zweites Mal seine Lenker-quer-stellen-verbremsen-über-den-Lenker-absteigen-Nummer mit spitzem Luftschrei gezeigt hat, langsam nach oben begleiten, erkennen an ihrem
hochtechnisierten Navigationsequipment, dass die geplante Route und der angezeigte Weg nicht mehr
übereinstimmen. Sie sparen sich die restlichen Höhenmeter und locken die voraus gepreschten Biker
mit lauten Zurufen wieder zurück auf den richtigen Pfad. Diese zieren sich jedoch noch ein wenig, denn
es könne niemals sein, das wisse man aus jahrelanger routinemäßiger Erfahrung, dass unser Guide die
Route ohne diese zusätzlichen Höhenmeter zu dieser Alm geplant haben könnte. Zumal der Weg an der
Alm vorbei über den Berg führen dääte und nach einer kurzen Strecke am Lago bianco wieder mit der ursprünglichen Route zusammentreffen tun dääte. Die Hilfsguides bleiben hartnäckig und folgen der
Anzeige ihrer Technik. Eine Telefonkonferenz ergibt, dass sich das Reparaturteam an die ursprüngliche
Route gehalten hat und der Abzweigung rechts herum gefolgt ist und somit das Hauptfeld hinten herum
überholt hat. Dank der Segnungen moderner Technik findet die Truppe wieder zusammen und nimmt
kurz darauf die Abfahrt ins Tal in Angriff. Es gilt nun 1500 kostbare Höhenmeter auf dem Weg ins Etschtal zu vernichten. Der Pfad ist erst etwas verblockt, aufgelockert mit ein paar gröberen Wurzeln. An diesen zeigt Günni eine gekonnte Losfahrnummer mit einem
von Wurzeln auf Abwege gelenktem Vorderrad nebst bockendem Radhinterteil mit einem gekonnten Lenkerübersteiger, ohne
irgendwelche Blessuren. Respekt! Die Wurzeln verlassen uns bald, es folgt ein feiner kiesähnlicher
Belag, welcher schließlich von dem Asphalt der Straße abgelöst wird. Nun gilt es die Räder laufen zu
lassen und möglichst wenig zu bremsen, damit die Bremsanlagen nicht zu sehr heiß laufen. Ein paar
Autos bremsen den Einen oder Anderen auf ihrer Talfahrt jedoch zeitweise aus. Alle kommen ohne Probleme unten an. Am Hotel, Comfort Hotel Erika, in Salurn finden wir unsere Busfahrer im Raddress
vor. Sie haben heute den Etschtalradweg Richtung Bozen erkundet und sind voll des Lobes über die
schurgerade, höhenmeterlose Asphaltpiste. Nach dem Begrüßungsbier erfolgt die beliebte Zimmertombola mit der die Karten für die neue Nacht
teilweise neu gemischt werden, mit entsprechenden einseitig erzählten Geschichten beim Frühstück am
nächsten Morgen, über diverse undefinierte Geräusche während der Nacht, von denen die andere
Schlafhälfte mal wieder nichts mit gekriegt hat. Noch ein gutes Essen mit Flüssigkeitsausgleich und dann zur Nachtruhe vor der letzten Etappe, die uns zum Gardasee bringen wird.
Beim Essen erzählt unser Guide, dass bei der Frauengardaseetour morgens der Abschied von diesem Hotel mit einer Runde Prosecco versüßt wurde. Wir haben M.W. aus dem Hessischen
herausgeguckt am nächsten Morgen mit einem Petticoat zu erscheinen. Er bietet sich auch an, sich oben herum etwas aus zu stopfen um den Chef zu bezirzen. Wir
sind auf das Ergebnis beim Frühstück gespannt. Da die morgige Etappe nur einen schlappen Anstieg von ca. 200 auf 800 m, so über etwa 7 km verteilt,
verspricht und danach mit einer lockeren Abfahrt bis Riva lockt und die Dolomiten hinter uns liegen,
wird der Vino Rosso mit Wasser als passendes Begleitgetränk zum italienischen Essen auserkoren. Es
bilden Zwecktrinkgemeinschaften, denn ein einzelner Biker würde zum Essen niemals nicht eine 1-Liter-Giraffe Rotwein alleine trinken
können. Zu zweit oder zu viert ist das kein Problem. Dies hat noch einen weiteren Vorteil, denn der Wein wird dadurch nicht durch zu
langes Stehen auch noch zu warm zum Trinken. Die Giraffe ist dann schnell auf die Gläser aufgeteilt und geleert. Sie kann dann ebenso
schnell durch weitere frische Exemplare ersetzt werden, als ein gutes Quantum pendelt sich bei den Viererteams ein dreimaliges ersetzen der
ersten Giraffe ein, unterstützt von einer nicht unwesentlich geringeren Menge an Aqua miserabilé. Das Dreierteam mit D.Th.,
Bremsenreparierer Ch.A. vom Rentrisch und Alpenvereinsgünni, verschätzte sich dabei jedoch bei der unbedingt notwendigen
Synchronisation zwischen Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Die Flüssigkeit im optimalen Aufnahmefenster war eher alle als die
dazugehörige Essensmenge, also musste noch nachgeordert werden. Da Günni nun jedoch mit den festen Bestandteilen fertig war und sich
zur wohl verdienten Nachtruhe begab, mussten sich die beiden Anderen alleine um die mittlerweile herbei geschaffte Giraffe kümmern. Sie
lösen die Aufgabe mit Bravour sind aber auf der nächsten Etappe ziemlich einsilbig und bewegen sich ungewohnter Weise im hinteren Hauptfeld.
10.08.12 Salurn – Riva del Garda (83,5 km, 900 m auf, 1110 m ab, 5:09)
Nix ist an diesem Morgen mit Prosecco, M.W. ist nicht aufgedonnert genug. Vielleicht klappt es ja
beim nächsten Mal. Wir starten nach allen routinemäßigen Reden und Fotos bei ziemlich hohen Temperaturen und schon gewohnt blauem Himmel über den Etschtalradweg Richtung Trento. Wir
haben eine ca. 30 km lange Anlaufstrecke, bevor es bei Trento mit dem Anstieg zum Monte Bodone
ernst werden sollte. Unterwegs hält Bremsenbluhu an um ein paar Fotos zu schießen. Dabei stellt er
seinen Rucksack auf dem Lenker ab, nimmt die Kamera heraus, macht seine Bilder, verstaut die
Kamera wieder und zieht seinen Rucksack wieder an. Dieser zupft dabei ganz locker an den beiden
Bremshebeln, die ihrerseits ihren Sicherungsringen wieder signalisieren, dass es wieder einmal an der
Zeit sei aus den Nuten zu springen. Gehorsam befolgen die Ringe diese Anweisung, die Bremshebel winken wieder haltlos. Da der Radweg noch flach wie ein Brett ist und Ch.A. mit dem Werkzeug in der
Spitzengruppe fährt, drückt Bluhu die Hebel in die richtige Position, sorgt mit jeweils einem Finger für die notwendige Sicherung und setzt seinen Weg fort. Das Bremsendilemma spricht sich rum, die Spitze wartet und unser
rentrischer Bremsenspezialist Ch.A. richtet das Ganze mit erfahrungsbasierter Routine. Wir rollen weiter und biegen bei Trento nach rechts vom Radweg ab. Wir folgen einem Fußweg,
dolomitenmäßig sausteil, meist Asphalt, unterbrochen von einigen Schotterstücken mit teilweise größeren Steinbrocken.
An diesem Tag lässt die moderne Technik einige von uns an ihrem
Können zweifeln. Es ist wie schon gesagt sauheiß, sausteil und eigentlich nur Kopfsache. Die letzte
Flachetappe zum Gardasee, nach den steilen Dolomitenetappen hat es wahrlich in sich. Ob die Rotweingiraffen vom Vortag oder die Hitze die Anstiege steiler gemacht haben kann keiner sagen.
Jedenfalls quälen wir uns in einem lieblichen italienischen Dörfchen über eine, gefühlte 25%ige Steigung,
als ein Brunnen dabei eine willkommene Rast- und Wassertankmöglichkeit bietet. Just in diesem
Moment radelt ein Biker mit Badelatschen, welche durch ihre blaue Farbe, das Design des Rahmens
und des ärmellosen Achselshirts wieder aufnehmen, ganz locker, ohne zu schwitzen an uns vorbei. Der
Autor dieser Zeilen checkt sofort, sensibilisiert durch die technische Aufrüstung seiner besseren Hälfte
mittels eines E-Bikes anlässlich eines runden Geburtstages, dass es sich hierbei nur um ein elektrisch betriebenes Teil handeln kann.
Unübersehbare Indizien waren dabei eine ziemlich große Bionic-Hinterradnabe und ein Schild am Lenker mit der Aufschrift
„Elektrotestbike“. Der technisch versierte Autor klärt die Ungläubigen auf, welche daraufhin beruhigt und ohne Zweifel an den eigenen Beinen ihre Fahrt fortsetzen. Versprochener Weise geht es danach bergab ins Val dei Laghi, vorbei am Molinasee hinein ins Sarcatal
, welches uns zum Gardasee rollen lassen sollte. Etwas in die Quere kam der Rollerei dabei der Kopf,
denn der Weg nach Dro und die entschärfte Maroc warten teilweise mit Gegenhängen, losem und groben Schotter auf. Es heißt also immer wieder mal kräftig in die Pedale zu treten.
Dann endlich, kurz vor Arco sehen wir in der Ferne einen Zipfel des Gardasees blitzen. Dieser Anblick beschleunigt die Fahrt, in
Arco erfolgt noch ein kurzer Stopp, mit Eis, Panini und diversen alkoholfreien Getränken. Es beginnt leicht zu tröpfeln, hört aber
schnell wieder auf. Die letzten Kilometer zum Gardasee verlaufen locker und voller Vorfreude auf die routinemäßigen Rituale, wie z.B. baden mit den Radklamotten, kaltes Bier aus grünen Flaschen oder diverse Kübel an der Promenade in Riva.
Wir erreichen den See, es regnet, wie es aussieht nur an der Stelle an der wir stehen. Wir springen trotzdem hinein, denn es ist immer
noch ziemlich warm. Das grüne Bier ist dank unserer Busfahrer eisgekühlt. Wir ziehen weiter zur Rivapromenade, parken die Räder erfahrungsbasiert routinemäßig an einer Laterne und wenden uns
den diversen, leckeren Angeboten der örtlichen Gastronomie zu. Die Sonne kommt wieder zum Vorschein und sorgt dafür, dass wir schnell trocken gelegt sind und der Flüssigkeits-
aufnahmebedarf den steigenden Temperaturen angepasst werden muss, dabei lassen sich noch so nebenbei die neuesten vorbei
fahrenden Modelle der Bikeindustrie checken. Nicht übel ist auch der Anblick diverser, vorbeischlendernder Wesen mit kurvenreichem Körper und knappen Textilien. Schließlich heißt es von diesem gastlichen Ort Abschied zu nehmen, denn der heutige Abend bietet noch einen weiteren,
mittlerweile routinemäßigen Höhepunkt, das Essen im La Colombera. Wie immer gut und von diversen
Getränken begleitet. Dabei wurden auch unsere Alpenerstüberquerer Ch.A vom Rentrisch, Alpenvereinsgünni, sowie unser Stuntkönig Bluhu gebührend gefeiert, insbesondere durch das Abfackeln diverser brauner
zylinderförmiger Tabakprodukte durch unseren adligen Mitbiker und Trudner-Horn-Kurzzeitbikeguide, seinen ehemaligen Gehilfen und unserem Dopingbekämpfer aus dem Hessischen. Gute Nacht.
11.08.12 Riva – Ledrosee – Riva (34,8 km, 670 m auf, 670 m ab, 2:51)
Der Samstag wird zu einer Erholungsspazierfahrt genutzt. Es soll über die alte Ponalestraße hoch zum Ledrosee gehen. Auf der Runde um den See soll noch ein einschlägiges Etablisement zwecks
Essensaufnahme aufgesucht werden. Danach folgt die Genussabfahrt zurück über die Ponalestraße zur Promenade in Riva.
Von dieser Tour gibt es nichts Außergewöhnliches zu berichten, ausgenommen vielleicht der Kampf von M.M. mit einer Steigung. Die Streckenführung wurde für die Biker nach Pré, kurz vor Molina di Ledro mittlerweile geändert.
Man muss das letzte Stück zum See nun nicht mehr über die Autostraße zurücklegen, sondern fährt nun
über ein neues Teilstück durch die Natur. In dieses Stück wurde ein ziemlicher steiler Betonanstieg
integriert, dessen gesamte Länge wegen einer Kurve von unten nicht abzuschätzen ist. Da dieser Anstieg für uns neu ist, gilt es die Sache
taktisch klug anzugehen und sich, Spazierfahrt hin, Spazierfahrt her, keine Blöße zu geben, zumal am Fuße dieses Anstieges noch andere
Biker, darunter ein paar weibliche Wesen standen und den Berg begutachteten. Der Autor geht den Berg ruhig und gelassen an, behält sich
ein paar Reserven in den Beinen, denn man weis nie wie lang so ein unbekannter Anstieg sein kann. Unbeeindruckt vom staunenden
Publikum zieht er gleichmäßig kurbelnd ruhig die Steigung hoch. M.M. verschätzt sich jedoch etwas bei der Längenbeurteilung und will der
untenstehenden Damenwelt einmal zeigen, wie so ein Matschfinder eine derartige Steigung glatt bügelt. Er geht sie mit einer ziemlich hohen
Trittfrequenz Marke Nähmaschine an, nimmt locker und gekonnt die Kurve und muss dann aber feststellen, dass diese Rampe eigentlich
noch länger dauert als die Kondition seiner Beine und der Luftvorrat in den Lungen. Instinktiv schaltet er auf ein Notprogramm um, das nur
dazu dient irgendwie noch dieses Stück, ohne abzusteigen, hinauf zu kommen. Er meistert dies noch mit Bravour, jahrelanges Training zahlt
sich dann doch irgendwann aus. Außer Sichtweite der untenstehenden Damen und Herren hält er jedoch ziemlich unvermittelt zum
Verschnaufen an. Er ist jedoch rasch erholt und schließt sich der übrigen Truppe bei der Umrundung des Ledrosees an, auch die folgende
Nahrungs- und Getränkeaufnahme meistert er wieder ohne irgendeinen Zeitverlust gegenüber seinen Bikekollegen. Die nachfolgende Fertigstellung der Seeumrundung und die Fahrt zurück über die Ponalestraße zur
Promenade in Riva werden richtig genossen. Gemütlich geht es ins Tal, immer wieder wird die Fahrt zum Gucken und Fotografieren unterbrochen. Jeder lässt auf seine Weise ein wenig die Seele baumeln, ohne dabei
jedoch die kurz darauf folgenden Höhepunkte aus den Augen zu verlieren. Als Erstes gilt es das unterste Stück der Ponalestraße, das mit
einigen Anliegerkurven und Schotter gepimpt wurde, nun doch mit einer etwas erhöhten Geschwindigkeit zu absolvieren. Danach folgt dann
direkt Höhepunkt zwei, der wiederum an der Promenade wartet und sich dabei als ziemlich exakte Kopie des Vortages erweist. Die
Räderlaternengarage und die Flüssigkeitsregulierung sind genau so wie am Vortag, nur das Wetter fällt aus der Reihe, statt Regen gibts heute Sonne satt, was zu einem erhöhten Aufgebot spärlich bekleideter
Wesen führt, die es abermals fachkundig zu checken und zu kommentieren gilt. Zur abendlichen Kalorien- und Flüssigkeitsaufnahme gehen wir, zum ersten Mal in dieser Woche, zu Fuß zur ausgemachten
Futterkrippe in Riva. Im Bavaria beenden wir fahrradtechisch
diese Alpentour mit überwältigenden Dolomitenausblicken. Etwas ungewohnt war beim Abschlussfrühstück, dass an diesem Morgen keinerlei Geräuschgeschichten erzählt wurden, es mag an der
beruhigenden Gardaseeatmosphäre gelegen haben. Nix genaues weis man nicht, oder hat es vergessen.
Heimfahrt
Am Morgen heißt es nach dem Frühstück zuerst einmal das ganze Gepäck und die Räder wieder in den beiden Bussen zu verstauen, was
auf Grund der routinemäßigen Erfahrung diverser Alpenüberquerer unter einer Stunde geschafft ist.
Unsere Busfahrer kutschieren uns sicher nach Hause. Unsere Alpenüberquerer werden zu Hause bei ihren Lieben wieder abgegeben und
beschließen diese Tour mit ihren persönlichen Feierabendritualen. Die darauf folgende Dienstagstour wird spontan als Alpenüberquererfazähltour auserkoren.
Dabei beginnen sich schon wieder Visionen von weiteren zu überquerenden Dolomitengipfeln in einigen Köpfen ein zu nisten. Man wird noch sehen was sich daraus dann konkret ergibt.
Fazit
- Gut 500 km und rund 10600 Höhenmeter, unser Adelsguide knackt durch die Trudener Almenzusatzhöhenmeter die 11000 Metermarke
- Das Wetter war auch in diesem Jahr super, kaum Wolken, blauer Himmel
- 2 Bluhu-Stunts und 2 Alpengünni-Stunts
- Steile Anstiege, lange Abfahrten
- Mehr oder weniger heiratswillige Wirtshaustöchter
- Wasser kann Berge versetzen
- Keine abgerissenen Ventile
- 2 Bremshebel auf Abwegen
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